Vom Wasser zu den Sternen

Veröffentlicht: 19. September 2020, aktualisiert: 10. November 2024

Einleitung

Als ich im Zuge der Recherche unserer Swatosch-Linie auf den Herkunftsort einiger Vorfahren namens Lindewiese [=Lipova-lazne, bis 1960 Dolni Lipova] stieß, war ich gespannt, ob sich eine Verbindung zu dem dort tätigen Naturheiler Johann Schroth findet. Er ist noch heute durch die nach ihm benannte Schrothkur bekannt.

In feuchter Wärme gedeiht Holz, Frucht und Wein, selbst Fleisch und Bein

Johann Schroth (1798-1856)
Johann Schroth
Johann Schroth

Gorics, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons
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Letztlich fand sich keine verwandtschaftliche Beziehung zu ihm. Stattdessen habe ich gleich zwei zu seinem Schulkameraden Vinzenz Prießnitz gefunden. Dieser hat zeitgleich als Naturheiler im Nachbarort Gräfenberg [=Lazne Jesenik] im Bereich der Kaltwasseranwendungen praktiziert.

Zur Kur gehört Charakter

Vinzenz Prießnitz (1799-1851)
Vinzenz Prießnitz
Vinzenz Prießnitz

Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons
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Unter den zeitgenössischen Anhängern der beiden bestand eine deutliche Konkurrenz bis hin zu Feindschaften. Die beiden „Wasserdoktoren“ sahen sich selbst aber nicht als Konkurrenten. Sie waren eher der Ansicht, dass ihre jeweilige Methode, die in Teilen sogar gegensätzliche Anwendungen beinhalteten, sich ergänzen. Je nach Persönlichkeit des Patienten und seinem Krankheitsbild.

Zu den beiden „Naturärzten“, ihren individuellen Methoden und den Akzeptanzschwierigkeiten der Schulmediziner sowie zu den Wasserquellen in der Region Freiwaldau [=Jesenik] wurde vieles geschrieben und veröffentlicht. Wer sich hierzu weiter informieren möchte, dem sei ein Blick in die unten angefügte Literaturliste empfohlen. Man findet in den Quellen auch divergierende Positionen zu der Frage, ob und wie weit Sebastian Kneipp, der wohl bekannteste Protagonist der Kaltwasserkuren, von den beiden Naturheilern aus der Altvaterregion „inspiriert“ wurde.

In diesem Artikel soll es aber nicht um die Hydrotherapie gehen. Er befasst sich mit der Genealogie von Vinzenz Prießnitz, insbesondere mit der seiner Mutter Maria Theresia Eva Kappel.


Zur väterlichen Genealogie von Vinzenz Prießnitz

Die früheste mir bekannte Ahnentafel von Vinzenz Prießnitz stammt von Professor Josef Ehrlich aus dem Jahr 1933. Sie ist im 5. Jahrgang der „Sudetendeutschen Familienforschung“ veröffentlicht. Diese Übersicht reflektiert wesentlich die väterliche Linie, ist diesbezüglich aber fehlerbehaftet. Zur mütterlichen Linie wird lediglich angemerkt, dass man in Lindewiese nichts über die Herkunft der Großeltern von Vinzenz Prießnitz festgestellt hätte und zur Mitarbeit eingeladen.

In der väterlichen Linie hat Vinzenz Prießnitz eine Ahnengemeinschaft mit dem Arzt und schlesischen Bauernbefreier Hans Kudlich. Dessen Ahnentafel wurde bereits 1929 im 1. Jahrgang der „Sudetendeutschen Familienforschung“ veröffentlicht.

Hans Kudlich
Hans Kudlich (1823-1917)

Eduard Kaiser, Public domain, via Wikimedia Commons
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Seine Vorfahren hat Albert Sauer im Altvaterboten IV. Band 1956 weitaus umfänglicher beschrieben. Kurz darauf hat Rudolf Prießnitz die Angaben durch einen Leserbrief nochmals präzisiert.

Zu den väterlichen Vorfahren von Vinzenz Prießnitz ergibt sich damit folgende Darstellung…

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Zur mütterlichen Genealogie von Vinzenz Prießnitz

Weitaus übersichtlicher war der von mir vorgefundene Forschungsstand zu seiner Mutter Maria Theresia Eva Kappel, der mit dem Kirchenbucheintrag der Trauung ihrer Eltern Hannß Georg Kappel, einem Huf- und Waffenschmied und seiner Frau Anna Barbara Heidenreich – beide aus Lindewiese – in Freiwaldau am 29. Februar 1753 endete. Dass 1753 kein Schaltjahr war, sei nur am Rande erwähnt.

Es gibt in Teilen noch einige Ungereimtheiten und letztendliche Beweise fehlen dort, jedoch zeichnet sich offensichtlich das hier beschriebene Bild.

Hinweise und Korrekturvorschläge werden gerne entgegengenommen.

Da in unserer Swatosch-Linie eine Huf- bzw. Waffenschmiede-Familie mit dem Namen Kappel, aus dem zu jener Zeit vergleichsweise kleinen Lindewiese vorkommt, lag eine Verbindung auf der Hand. Zudem gibt es unter unseren Vorfahren auch Lindewiesner mit dem Namen Heidenreich. Also habe ich mir diese beiden Familiennamen in Nieder- und Oberlindewiese einmal genauer angesehen.


Unsere Vorfahrin Theresia Schweidler, die 1821 den Reihwiesner [=Rejviz] Gärtler Andreas Walmickus Tschanter geheiratet hat, stammte aus Niederlindewiese. Ihre Urgroßmutter war Marina Kappel, die 1695 geborene Tochter des dortigen Hufschmiedemeisters Georg Kappel. Georgs Vater Melchior Kappel, der Stammvater dieser Linie, war ebenfalls Schmied und starb 1698 im Alter von 75 Jahren.

Ein Gärtler, in anderen Orten auch Gärtner, war in der Altvaterregion ein Bauer mit bescheidenem Haus- und Grundbesitz. Großgärtler waren Einwohner, die 20 und mehr Metzen besaßen, knapp vier Hektar. Gärtler hatten im Vergleich zu Bauern deutlich eingeschränkte Rechte und waren meist viel ärmer. Nachdem sie ihren Besitz an die Erben übergeben oder verkauft hatten, lebten sie oft weiter im gleichen Haus, dem sogenannten Ausgedinge und wurden vom neuen Besitzer mit versorgt. Sie wurden dann als Gärtlerauszügler bezeichnet.

Marinas 1698 geborener Bruder Georg wurde ebenso Hufschmied, heiratete 1725 Maria Magdalena, die Tochter des Melchior Güntschel, einem Hufschmied aus Freiwaldau Freiheit. Die beiden lebten wohl zunächst in Adelsdorf, wo Georg als Hufschmied tätig war und 1726 der erste Sohn Hannß Georg – der Großvater von Vinzenz Prießnitz – geboren wird. Womöglich hat man bei der Erarbeitung der Prießnitz-Ahnentafel von 1933 nur in Lindewiese gesucht und deshalb keine Taufe von Hannß Georg Kappel gefunden.

Später zog die Familie nach Niederlindewiese, vermutlich hat Georg die dortige Schmiede vom 1736 verstorbenen Vater übernommen. Die jüngeren Kinder kamen dort zur Welt, auch 1759 Maria Theresia Eva, die Mutter von Vinzenz Prießnitz. Ihr Vater Hanns Georg verstarb 1786. Zwischen dem errechneten Geburtsjahr und dem Taufeintrag besteht eine Abweichung von 6 Jahren. Eine sonstige mögliche Taufe wurde in den Kirchenbüchern des Kirchspiels Freiwaldau aber nicht gefunden.

Maria Theresia Eva starb 1825, dass sie von einem Stier zu Tode gestoßen wurde, ist ein in der Literatur häufig erwähnter Aspekt.

Anna Barbara Heidenreich, die Großmutter von Vinzenz Prießnitz mütterlicherseits, wurde 1732 in Thomasdorf getauft und war eine Tochter des dortigen Gärtners Friedrich Heidenreich und der Hedwig Drescher, die ursprünglich aus Oberlindewiese stammte.

Unser Vorfahre Friedrich war der jüngere Bruder von Anna Barbara und wurde 1734 als letztes Kind in Thomsadorf geboren. Bis Ende 1737 war die Familie nach Oberlindewiese umgezogen, dem Heimatort der Mutter Hedwig.

Die Vorfahren von Friedrich Heidenreich lassen sich in Thomasdorf, die von Hedwig Drescher in Oberlindewiese bis vor 1631 zurückverfolgen.

Somit ergibt sich das Bild der mütterlichen Vorfahren von Vinzenz Prießnitz wie folgt…

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Herkunftsorte

In der Karte ist die Lage der genannten Orte dargestellt. Dabei wurden auch die beiden Herkunftsorte der bekannten Vorfahren von Vinzenz Prießnitzes Ehefrau Sophia, ebenfalls eine geborene Prießnitz, Böhmischdorf [= Ceska Ves] und Buchelsdorf [=Bukovice] aufgenommen. Die bekannten Vorfahren von Vinzenz Prießnitzes Vater stammen alle aus Freiwaldau und Gräfenberg.

Weitere Details können der genealogischen Datenbank entnommen werden.

In der engeren verwandtschaftlichen Beziehung sind Vinzenz Prießnitz und die derzeit jüngsten Sterns zweite Cousins siebten Grades, ihre gemeinsamen Ahnen sind Friedrich Heidenreich und Hedwig Drescher.

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Der Nassauer Weg

Interessant aus Sicht der Familie Stern mit ihren Wurzeln in Hessen-Nassau ist, dass Hans Ripper, der Schwiegersohn von Vinzenz Prießnitz – er war mit der Tochter Marie verheiratet – in Gräfenberg den Nassauer Weg angelegt hat, den die herzogliche Familie gestiftet hat. Er wurde vom Herzog von Nassau mit einem Orden ausgezeichnet. Hierzu wird die Lektüre der Aufsätze „Herzog Adolph von Nassau und die Kurstadt Königstein – ein ambivalentes Verhältnis“ von Dr. Christof Loch sowie „Vinzenz Priessnitz, Begründer des Wasserheilverfahrens“ von Adolf Kettener empfohlen.


Quellendokumente

Autor(en) / HerausgeberTitelVerlag / AngebotJahrISBNAnmerkungen
Prof. Ehrlich, JosefSudetendeutsche Familienforschung - 5. Jahrgang 1932-1933, Seite 172Herausgeber: Vereinigung Sudetendeutscher Familienforscher e.V. (VSFF)1933-Online verfügbar (externer Link)
Fitz, Rudolf u.a.Freiwaldau-Gräfenberg | Die Kurstadt im Altvatergebirge und die Dörfer im oberen Bieletal | Ein HeimatbuchHeimatgruppe Freiwaldau / Altvater, Kirchheim unter Teck1987ohne-
Gröger, ErwinEin Spaziergang im Quellengebiet von FreiwaldauDer Altvaterbote II. Band, Seiten 187 ff.1951ohne-
Kaczorowski, WłodzimierzPriessnitz, VincenzKulturportal West-Ostaufgerufen 14. September 2020--
Kettener, AdolfVinzenz Priessnitz, Begründer des WasserheilverfahrensDer Altvaterbote II. Band, Seiten 171 ff.1951 (Nachdruck)ohne-
Kudlich, WalterSudetendeutsche Familienforschung (SFF) - 1. Jahrgang 1928-1929, Seite 81Herausgeber: Vereinigung Sudetendeutscher Familienforscher e.V. (VSFF)1929-Online verfügbar (externer Link)
Kutschera, FranzGedenkbuch der Gemeinde Böhmischdorf- / BöhmischdorfMärz 1921ohne-
Dr. Loch, ChristofHerzog Adolph von Nassau und die Kurstadt Königstein – ein ambivalentes VerhältnisBurgverein Königstein e.V.aufgerufen 14. September 2020ohne-
Metcalf, RichardLife of Vincent Priessnitz, founder of hydropathySimpkin, Marshall, Hamilton, Kent & Co. LTD, London1898ohneOnline verfügbar (externer Link)
Dr. Neugebauer, AlexanderGräfenberg vor und nach dem ersten WeltkriegDer Altvaterbote II. Band, Seiten 191 ff.1951ohne-
Dr. Neugebauer, AlexanderVinzenz Priessnitz - Zur 100. Wiederkehr des Todestages.Der Altvaterbote II. Band, Seiten 182 ff.1951ohne-
Reimann, WolfgangJohann Schroth - Leben und WirkungAschendorff, Münster201913 9783402133842-
Sauer, AlbertAhnengeschichte Hans KudlichsDer Altvaterbote IV. Band, Seiten 79 ff.1956ohne-
Sauer, AlbertAnmerkungen zur Ahnengeschichte Hans KudlichsDer Altvaterbote IV. Band, Seiten 111 f.1956ohne-
Scholz, HugoErbe und Geheimnis des Naturarztes Johann SchrothAllgäuer Zeitungsverlag, Kempten1981388006069X-
Scholz, HugoHeilendes Wasser. Ein Roman um Vinzenz PrießnitzManz-Verlag, Müncheno.J.ohne-
Scholz, HugoZuflucht bei Johann Schroth - Die grosse HeilungAllgäuer Zeitungsverlag, Kempten19763880060231-
Dr, Selinger, Engelbert MaximilianVincenz Priessnitz - eine LebensbeschreibungCarl Herold und Sohn, Wien1852ohneOnline verfügbar (externer Link)
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