Veröffentlicht: 19. September 2020, aktualisiert: 10. November 2024
Einleitung
Als ich im Zuge der Recherche unserer Swatosch-Linie auf den Herkunftsort einiger Vorfahren namens Lindewiese [=Lipova-lazne, bis 1960 Dolni Lipova] stieß, war ich gespannt, ob sich eine Verbindung zu dem dort tätigen Naturheiler Johann Schroth findet. Er ist noch heute durch die nach ihm benannte Schrothkur bekannt.
Letztlich fand sich keine verwandtschaftliche Beziehung zu ihm. Stattdessen habe ich gleich zwei zu seinem Schulkameraden Vinzenz Prießnitz gefunden. Dieser hat zeitgleich als Naturheiler im Nachbarort Gräfenberg [=Lazne Jesenik] im Bereich der Kaltwasseranwendungen praktiziert.
Unter den zeitgenössischen Anhängern der beiden bestand eine deutliche Konkurrenz bis hin zu Feindschaften. Die beiden „Wasserdoktoren“ sahen sich selbst aber nicht als Konkurrenten. Sie waren eher der Ansicht, dass ihre jeweilige Methode, die in Teilen sogar gegensätzliche Anwendungen beinhalteten, sich ergänzen. Je nach Persönlichkeit des Patienten und seinem Krankheitsbild.
Zu den beiden „Naturärzten“, ihren individuellen Methoden und den Akzeptanzschwierigkeiten der Schulmediziner sowie zu den Wasserquellen in der Region Freiwaldau [=Jesenik] wurde vieles geschrieben und veröffentlicht. Wer sich hierzu weiter informieren möchte, dem sei ein Blick in die unten angefügte Literaturliste empfohlen. Man findet in den Quellen auch divergierende Positionen zu der Frage, ob und wie weit Sebastian Kneipp, der wohl bekannteste Protagonist der Kaltwasserkuren, von den beiden Naturheilern aus der Altvaterregion „inspiriert“ wurde.
In diesem Artikel soll es aber nicht um die Hydrotherapie gehen. Er befasst sich mit der Genealogie von Vinzenz Prießnitz, insbesondere mit der seiner Mutter Maria Theresia Eva Kappel.
Zur väterlichen Genealogie von Vinzenz Prießnitz
Die früheste mir bekannte Ahnentafel von Vinzenz Prießnitz stammt von Professor Josef Ehrlich aus dem Jahr 1933. Sie ist im 5. Jahrgang der „Sudetendeutschen Familienforschung“ veröffentlicht. Diese Übersicht reflektiert wesentlich die väterliche Linie, ist diesbezüglich aber fehlerbehaftet. Zur mütterlichen Linie wird lediglich angemerkt, dass man in Lindewiese nichts über die Herkunft der Großeltern von Vinzenz Prießnitz festgestellt hätte und zur Mitarbeit eingeladen.
In der väterlichen Linie hat Vinzenz Prießnitz eine Ahnengemeinschaft mit dem Arzt und schlesischen Bauernbefreier Hans Kudlich. Dessen Ahnentafel wurde bereits 1929 im 1. Jahrgang der „Sudetendeutschen Familienforschung“ veröffentlicht.
Seine Vorfahren hat Albert Sauer im Altvaterboten IV. Band 1956 weitaus umfänglicher beschrieben. Kurz darauf hat Rudolf Prießnitz die Angaben durch einen Leserbrief nochmals präzisiert.
Zu den väterlichen Vorfahren von Vinzenz Prießnitz ergibt sich damit folgende Darstellung…
Zur mütterlichen Genealogie von Vinzenz Prießnitz
Weitaus übersichtlicher war der von mir vorgefundene Forschungsstand zu seiner Mutter Maria Theresia Eva Kappel, der mit dem Kirchenbucheintrag der Trauung ihrer Eltern Hannß Georg Kappel, einem Huf- und Waffenschmied und seiner Frau Anna Barbara Heidenreich – beide aus Lindewiese – in Freiwaldau am 29. Februar 1753 endete. Dass 1753 kein Schaltjahr war, sei nur am Rande erwähnt.
Da in unserer Swatosch-Linie eine Huf- bzw. Waffenschmiede-Familie mit dem Namen Kappel, aus dem zu jener Zeit vergleichsweise kleinen Lindewiese vorkommt, lag eine Verbindung auf der Hand. Zudem gibt es unter unseren Vorfahren auch Lindewiesner mit dem Namen Heidenreich. Also habe ich mir diese beiden Familiennamen in Nieder- und Oberlindewiese einmal genauer angesehen.
Unsere Vorfahrin Theresia Schweidler, die 1821 den Reihwiesner [=Rejviz] Gärtler Andreas Walmickus Tschanter geheiratet hat, stammte aus Niederlindewiese. Ihre Urgroßmutter war Marina Kappel, die 1695 geborene Tochter des dortigen Hufschmiedemeisters Georg Kappel. Georgs Vater Melchior Kappel, der Stammvater dieser Linie, war ebenfalls Schmied und starb 1698 im Alter von 75 Jahren.
Marinas 1698 geborener Bruder Georg wurde ebenso Hufschmied, heiratete 1725 Maria Magdalena, die Tochter des Melchior Güntschel, einem Hufschmied aus Freiwaldau Freiheit. Die beiden lebten wohl zunächst in Adelsdorf, wo Georg als Hufschmied tätig war und 1726 der erste Sohn Hannß Georg – der Großvater von Vinzenz Prießnitz – geboren wird. Womöglich hat man bei der Erarbeitung der Prießnitz-Ahnentafel von 1933 nur in Lindewiese gesucht und deshalb keine Taufe von Hannß Georg Kappel gefunden.
Später zog die Familie nach Niederlindewiese, vermutlich hat Georg die dortige Schmiede vom 1736 verstorbenen Vater übernommen. Die jüngeren Kinder kamen dort zur Welt, auch 1759 Maria Theresia Eva, die Mutter von Vinzenz Prießnitz. Ihr Vater Hanns Georg verstarb 1786. Zwischen dem errechneten Geburtsjahr und dem Taufeintrag besteht eine Abweichung von 6 Jahren. Eine sonstige mögliche Taufe wurde in den Kirchenbüchern des Kirchspiels Freiwaldau aber nicht gefunden.
Maria Theresia Eva starb 1825, dass sie von einem Stier zu Tode gestoßen wurde, ist ein in der Literatur häufig erwähnter Aspekt.
Anna Barbara Heidenreich, die Großmutter von Vinzenz Prießnitz mütterlicherseits, wurde 1732 in Thomasdorf getauft und war eine Tochter des dortigen Gärtners Friedrich Heidenreich und der Hedwig Drescher, die ursprünglich aus Oberlindewiese stammte.
Unser Vorfahre Friedrich war der jüngere Bruder von Anna Barbara und wurde 1734 als letztes Kind in Thomsadorf geboren. Bis Ende 1737 war die Familie nach Oberlindewiese umgezogen, dem Heimatort der Mutter Hedwig.
Die Vorfahren von Friedrich Heidenreich lassen sich in Thomasdorf, die von Hedwig Drescher in Oberlindewiese bis vor 1631 zurückverfolgen.
Somit ergibt sich das Bild der mütterlichen Vorfahren von Vinzenz Prießnitz wie folgt…
Herkunftsorte
In der Karte ist die Lage der genannten Orte dargestellt. Dabei wurden auch die beiden Herkunftsorte der bekannten Vorfahren von Vinzenz Prießnitzes Ehefrau Sophia, ebenfalls eine geborene Prießnitz, Böhmischdorf [= Ceska Ves] und Buchelsdorf [=Bukovice] aufgenommen. Die bekannten Vorfahren von Vinzenz Prießnitzes Vater stammen alle aus Freiwaldau und Gräfenberg.
Weitere Details können der genealogischen Datenbank entnommen werden.
In der engeren verwandtschaftlichen Beziehung sind Vinzenz Prießnitz und die derzeit jüngsten Sterns zweite Cousins siebten Grades, ihre gemeinsamen Ahnen sind Friedrich Heidenreich und Hedwig Drescher.
Der Nassauer Weg
Interessant aus Sicht der Familie Stern mit ihren Wurzeln in Hessen-Nassau ist, dass Hans Ripper, der Schwiegersohn von Vinzenz Prießnitz – er war mit der Tochter Marie verheiratet – in Gräfenberg den Nassauer Weg angelegt hat, den die herzogliche Familie gestiftet hat. Er wurde vom Herzog von Nassau mit einem Orden ausgezeichnet. Hierzu wird die Lektüre der Aufsätze „Herzog Adolph von Nassau und die Kurstadt Königstein – ein ambivalentes Verhältnis“ von Dr. Christof Loch sowie „Vinzenz Priessnitz, Begründer des Wasserheilverfahrens“ von Adolf Kettener empfohlen.
Quellendokumente
Autor(en) / Herausgeber | Titel | Verlag / Angebot | Jahr | ISBN | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|---|
Prof. Ehrlich, Josef | Sudetendeutsche Familienforschung - 5. Jahrgang 1932-1933, Seite 172 | Herausgeber: Vereinigung Sudetendeutscher Familienforscher e.V. (VSFF) | 1933 | - | Online verfügbar (externer Link) |
Fitz, Rudolf u.a. | Freiwaldau-Gräfenberg | Die Kurstadt im Altvatergebirge und die Dörfer im oberen Bieletal | Ein Heimatbuch | Heimatgruppe Freiwaldau / Altvater, Kirchheim unter Teck | 1987 | ohne | - |
Gröger, Erwin | Ein Spaziergang im Quellengebiet von Freiwaldau | Der Altvaterbote II. Band, Seiten 187 ff. | 1951 | ohne | - |
Kaczorowski, Włodzimierz | Priessnitz, Vincenz | Kulturportal West-Ost | aufgerufen 14. September 2020 | - | - |
Kettener, Adolf | Vinzenz Priessnitz, Begründer des Wasserheilverfahrens | Der Altvaterbote II. Band, Seiten 171 ff. | 1951 (Nachdruck) | ohne | - |
Kudlich, Walter | Sudetendeutsche Familienforschung (SFF) - 1. Jahrgang 1928-1929, Seite 81 | Herausgeber: Vereinigung Sudetendeutscher Familienforscher e.V. (VSFF) | 1929 | - | Online verfügbar (externer Link) |
Kutschera, Franz | Gedenkbuch der Gemeinde Böhmischdorf | - / Böhmischdorf | März 1921 | ohne | - |
Dr. Loch, Christof | Herzog Adolph von Nassau und die Kurstadt Königstein – ein ambivalentes Verhältnis | Burgverein Königstein e.V. | aufgerufen 14. September 2020 | ohne | - |
Metcalf, Richard | Life of Vincent Priessnitz, founder of hydropathy | Simpkin, Marshall, Hamilton, Kent & Co. LTD, London | 1898 | ohne | Online verfügbar (externer Link) |
Dr. Neugebauer, Alexander | Gräfenberg vor und nach dem ersten Weltkrieg | Der Altvaterbote II. Band, Seiten 191 ff. | 1951 | ohne | - |
Dr. Neugebauer, Alexander | Vinzenz Priessnitz - Zur 100. Wiederkehr des Todestages. | Der Altvaterbote II. Band, Seiten 182 ff. | 1951 | ohne | - |
Reimann, Wolfgang | Johann Schroth - Leben und Wirkung | Aschendorff, Münster | 2019 | 13 9783402133842 | - |
Sauer, Albert | Ahnengeschichte Hans Kudlichs | Der Altvaterbote IV. Band, Seiten 79 ff. | 1956 | ohne | - |
Sauer, Albert | Anmerkungen zur Ahnengeschichte Hans Kudlichs | Der Altvaterbote IV. Band, Seiten 111 f. | 1956 | ohne | - |
Scholz, Hugo | Erbe und Geheimnis des Naturarztes Johann Schroth | Allgäuer Zeitungsverlag, Kempten | 1981 | 388006069X | - |
Scholz, Hugo | Heilendes Wasser. Ein Roman um Vinzenz Prießnitz | Manz-Verlag, München | o.J. | ohne | - |
Scholz, Hugo | Zuflucht bei Johann Schroth - Die grosse Heilung | Allgäuer Zeitungsverlag, Kempten | 1976 | 3880060231 | - |
Dr, Selinger, Engelbert Maximilian | Vincenz Priessnitz - eine Lebensbeschreibung | Carl Herold und Sohn, Wien | 1852 | ohne | Online verfügbar (externer Link) |
Autoren, siehe jeweiliges Medium | Wikimedia Commons | Wikimedia Foundation Inc. 149 New Montgomery Street Floor 6 San Francisco, CA 94105 USA | - | - | Die Autoren und Lizenzen sind bei den eingebunden Bildern vermerkt. |
Autoren, siehe jeweilige Versionsgeschichte | Wikipedia, Die freie Enzyklopädie | Wikimedia Foundation Inc. 149 New Montgomery Street Floor 6 San Francisco, CA 94105 USA | - | - | Die verwendeten Artikel sind im Beitrag verlinkt. |
- | Das Geschichtliche Orts-Verzeichnis | CompGen Verein für Computergenealogie e. V. Geschäftsstelle c/o Horst Reinhardt Piccoloministraße 397a 51067 Köln | - | - | Die verwendeten Artikel sind im Beitrag verlinkt. |
- | Kirchenbuchmatrikel | Digitales Archiv des Landesarchivs in Opava | - | - | - |
Dieses Werk ist lizenziert unter einer CC BY-NC-SA 4.0 Lizenz. Ggf. zu beachtende andere Lizenzrechte bleiben hiervon unberührt. Dies gilt insbesondere für Fotos aus Kirchenbüchern und die Verwendung unseres Familienwappens (siehe Impressum)! |
This work is licensed under a CC BY-NC-SA 4.0 License. If applicable, other license rights remain unaffected. This applies in particular to photos from church books and the use of our family coat of arms (please refer to the imprint)! |
Copyright © by Jens-Peter Stern | familie-stern.de |